Sonntag, 2. Oktober 2022
Strecke: 23,0km – Etappe: 23,0km – Gesamt: 1.995,9km
Gehzeit: 6:45 brutto / 5:45 netto.
Das mit dem “gemütlich angehen lassen” ist immer so eine Sache…
Das Taxi ist für 8:30 Uhr bestellt, das Hotel versprach kein attraktives Frühstück. Also sind wir schon recht früh unterwegs, um in der Gegend etwas zu finden, das am Sonntag bei Zeiten auf hat.
Das schaffen wir, wenngleich “gemütlich frühstücken” anders ist. Jetzt haben wir hoffentlich nichts im Auto vergessen, denn das steht gut zwei Kilometer entfernt!
Das Taxi kommt pünktlich, und schon geht’s durch die Stadt Richtung Norden. Ziemlich lange durch Industriegebiete. Na, da haben wir ja etwas, worauf wir uns freuen können, wenn wir uns diesem Ort wieder nähern!
Bald schon windet sich die Straße durch ein Tal in die Berge, aber es geht weiter zügig voran. An der doch recht viel befahrenen Strasse sind keine Wanderer zu sehen. Selbst nicht, als wir durch schon mal durch Zubiri, unser Etappenziel für den Abend kommen. Hm, hätten wir’s vorher so genau gewußt, hätten wir den Rucksack, den wir normalerweise transportieren lassen, schon mal in der Unterkunft des Abends abstellen können. Na, sei’s drum; am ersten Tag und überwiegend bergab wird’s schon auch mal mit vollem Gepäck gehen!
In Zubiri nehme ich beim Durchfahren die Aufbauarbeiten für irgendein Fest wahr.
Noch etwas seltsamer wird das, als wir in Roncesvalles aussteigen: Da ist vor der Abtei ein mit Absperrgittern gesicherter Kanal und ein aufblasbares Tor auf dem Platz zur Straße.
Es war uns ja irgendwie klar, dass es ab hier etwas anders wird, aber das ist nun doch etwas seltsam!
Dennoch sehen wir hier nicht viele Menschen. Klar, die sind jetzt, gegen halb neun natürlich schon alle unterwegs. Also schlendern wir nochmal kurz in die Kirche, um den Weg dort aufzunehmen, wo wir ihn im vorletzten Jahr beendet haben, machen noch das obligatorische klassische Bild vor dem Schild “790 Kilometer bis Santiago” und trotten in den Sonnenschein. Den Kaffee zum Start verkneifen wir uns, denn an dem aufblasbaren Tor ist jetzt außer dem Kompressor offensichtlich auch die Beschallung mit Strom versorgt. Nicht ganz das, was wir uns unter einem gemütlichen Start vorgestellt hatten.
- Noch genau da, wo ich sie im vorletzten Jahr zurückgelassen habe!
- Ah! Wir sind doch nicht ganz die Letzten!
- Im Hof von Roncesvalles ist allerdings Ruhe!
- Echt? Hier braucht man einen Wegweiser?
Wir folgen dem Schotterweg leicht bergab und treffen dort sehr bald auf recht eloquente Nordamerikaner oder Kanadier, die glücklicherweise aufgrund ihres lautstarken Sendungsdrangs etwas langsamer voran kommen. Und dann kehrt endlich etwas Ruhe ein!
Aber das währt nicht lange. Schon, als wir in Burguete zurück auf die Straße kommen, bemerken wir recht viele zusätzliche Gelbe Schilder an Pfosten sowie die eine oder andere Absperrung, die entlang des Weges bereitgestellt ist. Seltsam!
Ein wenig später erreichen wir bei bestem Wetter Espina, mit einigen schönen Aussichten, und kurz hinter Espina erfahren wir von Einheimischen, die auf einer Wiese lagern, was das alles zu bedeuten hat.
- Blick zurück Richtung Burguete.
- Ach, was soll’s was kann bei dem Wetterchen schon sein?
Ein Mal im Jahr gibt es eine Laufveranstaltung. Die Strecke auf dem Jakobsweg von Roncesvalles bis Zubiri wird als Trailrunning-Halbmarathon angeboten (https://roncesvalleszubiri.com/)! Zu einer Tageszeit, zu der fleißig frühaufstehende Pilger natürlich schon über alle Berge sind.
Als wir am Alto de Mezquiriz die Straße überqueren wollen, ist da Hochbetrieb. Denn die Straße soll gleich gesperrt werden. Die Streckenposten bitten uns, wenn die Läufer uns gleich überholen, doch bitte einfach Platz zu machen.
Wir kommen noch fast zwei Kilometer weiter, bis sich aus der Ferne Glockengebimmel nähert und man vereinzelte Ruhe hört. Und dann kommen an einem etwas steileren, aber gut begehbaren Stück die ersten Läufer um die Ecke. Jeder, aber auch wirklich jeder, ruft im Vorbeiflitzen “Buen Camino”, und wir feuern sie auch gerne an.
- Einer der ersten Läufer, ganz locker!
- Immer noch Spitze, aber nicht mehr ganz so locker.
- Langsam füllt sich der Weg mit Läufern!
- Da kann man runter rennen. Man kann’s aber auch sein lassen!
Es wird wirklich voll auf dem Weg, und wir machen natürlich Platz, insbesondere, wenn der Weg schmaler und weniger gut ausgebaut wird. Die Stimmung bleibt entspannt und freundlich, auch, wenn es teilweise eng und hektisch zugeht.
Bei etwa 10km verlassen wir den Wald, der Weg wird deutlich breiter und jetzt überholen uns langsam die letzten der wohl knapp 800 (!) Läufer. So oft haben wir an einem Tag nie wieder “Buen Camino!” gehört!
Um Bizkarreta herum folgt die Laufstrecke anscheinend ein Stück der Straße, sodass wir im Ort ein ruhiges, sonngies Plätzchen für eine Pause finden.
Nach dem Ort verschwindet der Weg wieder im Wald und steigt nochmal etwas an. Wir geniessen die neu eingekehrte Ruhe, das Rennen ist auch nicht mehr aus der Ferne zu hören.
Am Alto de Erro überquert der Weg etwa bei Kilometer 17 die Straße, ja, hier sind wir heute Morgen mit dem Taxi vorbei gekommen!
Ab hier geht es kräftig und recht rustikal bergab. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Laufstrecke des Rennens hier durchgeführt hat!
Der Weg verlangt uns – für den ersten Tag – noch mal ein ganzes Stück lang einige Konzentration ab. Es geht teilweise sehr ausgewaschen bergab, bis wir um Kilometer 21 Zubiri erreichen.
- Unterwegs Richtung Zubiri
- Die Brücke in Zubiri
- Ankunft in Zubiri
Im nach dem Rennen und durch die Ankunft der Pilger sehr belebten Ort holen wir uns noch in der Ortstmitte unseren Stempel ab, bevor wir in unsere sehr nette Unterkunft am Ortsrand gehen.
Wir habe ein sehr nettes und großzügiges Zimmer; leider ohne Abendessen.
Das finden wir wider Erwarten nicht in einer der zahlreichen Bars in der Ortsmitte. Die sind, nachdem wir uns geduscht haben, überwiegend geschlossen und unbelebt.
Sondern ganz am anderen Ortsende, in der letzten offenen Wirtschaft des Ortes.
Es ist sehr voll und laut, die Auswahl ist etwas eingeschränkt, aber es gibt satt zu Essen und genug zu trinken.
Und so wird es mal wieder schnell dunkel…
Fazit des Tages:
Zurück auf dem Weg! Endlich!
Eine sehr gute Etappe zum Einstieg, nicht zu lang. Aber hier in Spanien ist das Alles schon anders: So viele Leute!