Donnerstag, 13. Oktober 2016
Strecke: 28,1km – Etappe: 28,1km – Gesamt: 884,3km
Gehzeit: 7:00 brutto / 5:15 netto
Die Annreise war nicht direkt kurz, und so schlafen wir erst Mal moderat aus. Zumal es in der Bude auch morgens noch kalt ist und der Blick aus dem Fenster nicht gerade Lust zum Aufstehen macht: Nebel, Regen.
Auch die Gastleute haben offensichtlich mit weniger Gästen gerechnet, denn es ist nur ein großer Tisch gedeckt.
Dort finden sich nach und nach die Mitgleider einer Schweizer Jugendgruppe ein, die ein paar Tage in Taizé verbracht haben und sich hier vor der Abreise in die Heimat noch zurück in die Zivilisation tasten. Der universelle Geist von Taizé verhindert zwar ein offenes Massaker am Tisch, kann jedoch nicht ganz darüber hinwegtäuschen, daß schlicht zu wenig Plätze eingedeckt sind beziehungsweise der Tisch eben gerade für die Gruppe reichen würde – wenn wir denn das Geschirr nicht schon benutzt hätten.
Das Frühstück ist inhaltlich wenig ergiebig, denn auch das paßt mengenmäßig kaum zur Zahl der Anwesenden . Dafür war es aber teuer. Von den Wirtsleuten lange keine Spur…
Wir versuchen, mit der Dame des Hauses, die den Empfang betreut, telefonisch eine Unterkunft für die Nacht klar zu machen. Das gestaltet sich nicht ganz so einfach, denn sie spricht noch schlechter Französisch als ich und ihr Mann hat gerade keine Zeit, denn er bereitet schon das Mittagessen vor.
Aber schließlich erreichen wir jemanden und man verspricht uns ein Zimmer für die Nacht und auch etwas zu Essen davor.
Eine Adresse gibt es nicht, der Ort wäre nicht so groß…
Und so stehen wir um kurz nach 10 bei Kälte und Regen vor der Tür.
Nicht gerade einladend. Na gut, erst Mal geht es sowieso zurück nach Cluny, denn wir brauchen noch Proviant und ich möchte die Tour dort fortsetzen, wo ich sie im letzten Jahr beendet habe. Nicht exakt, aber bitteschön doch mit Wiedererkennungseffekt.
Den gibt es in der Einkaufsstrasse von Cluny sattsam. Der Proviant ist schnell gefüllt, der Abzweig des Weges von der Hauptstraße in der Stadtmitte schnell gefunden.
Letzten Herbst hatte ich mir eigentlich vorgemerkt, mir die Abtei von Cluny näher anzusehen. Aber das geht heute nicht. Mir jucken die Füße, ich muß jetzt laufen!
Im Gedanken nehme ich Cluny auf die Liste der Orte, die ich mal mit dem Wohnmobil besuchen möchte, wenn ich nicht mehr laufen kann.
Und so steigt der Weg schnell aus Cluny heraus in feuchte Felder.
Da bin ich also wieder!
Es fühlt sich so an, als wäre ich wieder auf einer unsichtbaren Spur, die mich direkt aus Frankfurt hierher geführt hat. Und gerade gestern erst hier gewesen.
Selbstredend ist die Welt bei dem Wetter ausserhalb der Siedlung nicht nur relativ, sondern eher absolut entvölkert.
Zu sehen gibt’s nichts außer grau und penetrantem Niesel.
Welcher Esel sollte bei so einem Wetter vor die Tür gehen?
- Warum erkennen Esel in mir immer so zügig einen probaten Ansprechpartner?
- Was denn?!? Du auch hier?
Wir unterhalten uns kurz von Angesicht zu Angesicht, denn wir haben ja Zeit…
Es geht insgesamt etwa 10km etwas schlängelig durch Weiden nach Sainte-Cécile. Dort ist auch nicht viel los, aber eine Bushaltestelle gibt uns einen trockenen Platz für das Mittagessen. Der Dorfplatz irritiert uns etwas, denn hier gibt es zwar Kirche und Kriegerdenkmal, aber die Mairie fehlt!
Noch im Ort steigt der Weg etwas an um eine recht laute und gut ausgebaute Bundesstraße zu überbrücken.
Danach verschwindet der Weg im Wald und erklimmt zügig den Hügel, auf dem es eine ganze Weile entlang geht. Waldein, waldaus.
Die Planung war im Vorfeld hier nicht ganz einfach, denn weder die verbale Beschreibung im Pilgerführer noch die Satellitenansicht waren wirklich eindeutig. Die Navigation erweist sich aber in Verbindung mit der insgesamt klaren Streckenführung und der ausreichenden Beschilderung als problemlos machbar.
Der Weg fällt durch viele, viele Weiden äußerst malerisch nach Tramayes. Die Aussicht wäre so rein theoretisch sicher wieder mal äußerst schön.
Durch Weiden, Weiden und Weiden geht es stetig weiter bergab.
Leider auch mit der Stimmung, denn der Regen nimmt zu.
Kurz vor Kilometer 25 brechen alle Dämme: Aus dem Wald um eine Ecke kommend, treffen wir auf eine Straße.
Die Navigation ist für einen Moment nicht ganz klar.
Klar ist jedoch, daß die Regenklamotten nun im Starkregen ihr Werbeversprechen doch nicht ganz einlösen. Eher überhaupt nicht. Die Nässe dringt an Armen und Beinen merklich durch; wenigstens bleibt der Torso warm.
Etwas grimmig und unterzuckert finden wir Germolles-sur-Grosne, es dämmert schon ein wenig.
In dem, was als Ortszentrum gelten mag, gabelt sich die Straße und ein Zweig ist mit “Le Thozet” ausgeschildert.
Die letzten zwei Kilometer bis zu diesem Hof ziehen sich wie Kaugummi, zumal wir eben nicht so genau wissen, wo wir eigentlich suchen.
Der dritte Hof ist es, und nachdem wir die Dame des Hauses gefunden haben, kommen wir ziemlich schnell in ein muckeliges Appartment unter dem Dach.
Glücklicherweise, denn da haben wir genug Platz, unsere durchnässten Klamotten zu verteilen und vor den Heizkörpern regelmäßig zu wenden.
Die warme Dusche und der freundliche Empfang zum Abendessen – Suppe aus dem eigenen Garten, viel davon! – wärmen von innen und außen.
Und so wird es schon am ersten Tag dieser Etappe mal wieder schnell Nacht!
Fazit des Tages:
Zusammen ist man weniger allein. Aber Regen und fies ist eben Regen und fies!
Es ist trotzdem schön, wieder auf dem Weg zu sein; es fühlt sich an als hätte es kein Jahr Pause gegeben!
Und es wird dieses Mal wohl sinnvoll sein, nicht nur die Unterkunft für den Abend klar zu machen, sondern auch zu wissen, wo sie ist!