Mittwoch, 10. Oktober 2018
Strecke: 25,0km – Etappe: 217,0km – Gesamt: 1.549,6km
Gehzeit: 7:30 brutto / 5:30 netto.
Der neue Tag begrüßt uns durch das Große Fenster am Fußende des Bettes neblig oder nieselig. Die geplante Tagesetappe ist auch nicht ganz so lang. So gibt es nichts, was und früh aus dem Bett treiben würde. Pierre bittet uns zum Frühstück in seine holzgeheizte Wohnküche mit großen Fenstern Richtung Garten. Hier läßt sich’s aushalten!
So haben wir erst um etwa 10 Uhr die Schuhe gebunden und machen uns auf den Weg zur gestern verschlossenen Kathedrale. Direkt in Regenkleidung, denn das wird heute sonst nix.
Die empfängt uns großräumig und durch die Kuppelarchitektur im Inneren sehr interessant. Weil der Innenraum an sich sehr groß und frei trägt, hat man sich mit Seitenschiffen oder Säulengängen wohl aus Gründen der Statik zurückgehalten.
Die drei hintereinander angeordneten Kuppelgewölbe, deren Pfeiler den Innenraum nicht teilen, ergeben einen sehr langen, offenen Raum. Allerdings haben sich die Baumeister nicht so recht an Fensteröffnungen herangetraut. Und so ist es an dem wolkenverhangenen Tag heute relativ dunkel.
Im Eingangsbereich (innen!) finden wir noch einen Brauch, der zu der eigentümlichen Kirche passt: Dort steht ein trockener Baumstumpf, an dem ein Hammer angekettet ist. Daneben eine Büchse mit Nägeln und eine Spendendose. Die Hammerschläge hallen in der Kirche weit weniger als ich es erwartet hätte!
Vor der Tür folgen wir den Muscheln durch die Stadt und erreichen nach etwa einem Kilometer kurz nach einer unverdient häßlichen Unterführung die in ihrer Architektur wörtlich herausragende Pilgerbrücke, Wahrzeichen der Stadt.
Die drei Wehrtürme hatten den Zweck, die Brücke als Ganzes verteidigen zu können. Wenngleich ich mir die emotionale Lage der Besatzung im mittleren Turm im Verteidigungsfall nicht ausmalen möchte.
Ebenso wenig ausmalen möchte ich mir allerdings auch, wie es gleich unter meinen Regenklamotten triefen und miefen wird. Denn direkt nach der Brücke steigt der Weg auf weniger als 500 Metern Strecke fast 150 Höhenmeter auf den Uferhügel.
Fast genauso entschlossen geht es kurz drauf wieder runter und wir entfernen uns rasch vom Fluß. Es geht bis etwa Kilometer 9 nochmal 100 Höhenmeter hoch und fast wieder runter, danach steigt der Weg um etwa 150 Höhenmeter um dort für den Rest der Strecke etwa zu bleiben. Die Causses sind schon eine etwas spezielle Landschaft! Wenn Du mit einer gehst, präsentiert Sie Dich der platten Sonne. Aber wenn Du Dich ihr abwendest, um zur nächsten zu streben, musst Du Dich echt anstrengen!
Durch das Auf und Ab, oft im Wald, sidn wir bis etwa Kilometer 11 weitgehend mit uns selbst und dem Akt des Laufens als solchem beschäftigt.
Erst ab Kilometer 12 öffnen sich der Blick wieder für die Landschaft. Von dem jetzt in der Satellitenansicht sichbaren, stark “geriffelten” Profil der Lanschaft ist nichts zu spüren, der Weg wird geschickt und bequem auf der Höhe geführt.
Labastide empfängt uns aufgeräumt, gut in Schuß und absolut einsam. Wie so oft, wäre ein Kaffee schon in Ordnung, aber hier ist nichts zu holen!
Also geht es auf gleicher Höhe wieder aus dem Ort hinaus und weiter in der Sonne über die Causse. Felder und Wald wechseln sich ab, bis etwa bei Kilometer 18 etwas Abwechslung in die Aussicht kommt.
Vorbei an einem Motocross-Gelände geht es kurzweilig noch einige Kilometer weiter, bis der Weg ab etwa Kilometer 22 recht entschlossen nach Baffalie abfällt. Zwei Ecken weiter ist Lascabanes, das Ziel des heutigen Tages erreicht. Die Herberge des Tages liegt durch den Ort hindurch im ehemaligen, baulich mit der Kirche verbundenen Pfarrhaus.
Wir kommen an, werden von einem Hund begrüßt, Kaffee steht auf dem Vorplatz, die Tür ist offen. Der Rest wird schriftlich geregelt: “Hallo, liebe Pilger. Ich kommen nur Abends vorbei. Bedient Euch am Kühlschrank, kocht Euch einen Tee, die Kasse steht auf der Theke. Die angemeldeten Besucher habe ich auf die Tafel geschrieben. Zieht bitte Eure Schuhe hier aus und stellt nichts auf das Bett!”
Wir finden unser Zimmer und sind uns relativ schnell einig, dass hier eventuell etwas Vorsicht angebracht ist. Obwohl alles einwandfrei sauber ist. Na klar, aufpassen ist auch im Sinner der Wirtin.
An der Kirchentür erfahren wir, dass hier normalerweise ein Priester ansässig ist, der den Pilgern abends persönlich die Füße wäscht – echt jetzt! Aber leider lässt er sich für zwei Tage entschuldigen.
Wir duschen und dösen einen Moment, bis es im Haus etwas lebhafter wird.
So treffen wir die Wirtin, die uns herzhaft begrüßt, kassiert, stempelt und sich dann entschuldigt, um das teils mitgebrachte, teils noch zu machende Abendessen zuzubereiten. Wir sind die einzigen beiden Gäste über Nacht.
Wenn man die Maus, die gegen Ende des Essens durch den Kücheneingang huscht, nicht mirechnet. Darauf angesprochen erklärt die Wirtin – ich würde sagen, Irin -, dass die Biester hier im Haus ziemlich trickreich wären und gelernt hätten, sich nicht von der Katze erwischen zu lassen. Sei’s drum, Essen und Vorräte wurde nicht offen gelagert beziehungsweise kamen von außen.
Der Wein schmeckt, und auch zu zweit kriegen wir die Flasche leer; die Suppenterrine nicht ganz.
Und so wird es wieder recht schnell Nacht…
Fazit des Tages:
Nette Etappe in angenehmer Länge, trotz deutlicher Anstiege kurzweilig und schön zu gehen, wenn man mal von dem etwas rauen und knackigen Start in Cahors absieht. So kommen wir gut voran, allerdings schon auch sehr einsam!