Donnerstag, 11. Oktober 2018
Strecke: 24,6km – Etappe: 241,6km – Gesamt: 1.574,2km
Gehzeit: 7:45 brutto / 5:30 netto.
Trotz der eher schmalen Betten schlafen wir sehr ruhig. Kein Mucks im Haus. Der erste Blick aus dem Fenster um kurz nach 8 zeigt noch etwas klammen Morgennebel. Wir wissen wieder, wie das Frühstück funktioniert, und keine zwei Stunden später haben wir tatsächlich die Schuhe gebunden und sind startbereit!
Der Tag eröffnet mit einem recht kernigen Anstieg um etwa 85 Höhenmeter zum Aufwärmen und belohnt den Aufsteig mit einem netten Plätzchen, für das wir allerdings so kurz nach dem Start noch nicht die entsprechende Verwendung haben.
Kurz drauf öffnet sich die Landschaft und es geht in etwa auf dem gleichen Niveau weiter. Aber ausser Weite gibt es nichts zu sehen. Na, immerhin das.
Es geht weiter wie gehabt, bis etwa Kilometer 8 geht es ein wenig runter und wieder hoch, aber locker weiter, bis der Weg gegen Kilometer 9,5 entschlossen nach Montcuq fällt. Das ist ein echt netter Ort für unsere Mittagspause und einen Cappuccino auf dem Marktplatz. Die alte Stadt hat einen einerseits sehr aufgeräumten, andererseits doch etwas morbiden Charme. Wenngleich auch tagsüber letztlich fast alle Geschäfte geschlossen wirken – naja, das mag vielleicht auch an der Mittagszeit liegen.
Direkt nach Montcuq verschwindet der Weg im niedrigen Wald und steigt um etwa 80 Höhenmeter auf den nächsten Hügel – zu den Sternen halt!
Schon um Kilometer 15 stürzt sich der Weg entschlossen am nächsten (sehr wehrhaften) Weiler vorbei.
Landein, landaus geht es noch ein paar Kilometer etwas profiliert weiter, bis sich der Weg etwa bei Kilometer 18 nochmal auf ein Plateau hebt. So richtig zu sehen gibt es nix, es geht einfach gemütlich weiter.
Etwa bei Kilometer 21 können wir einen ersten Blick auf unser Etappenziel werfen, das auf der anderen Seite einer Mulde liegt.
Die letzten Kilometer ziehen sich nochmal etwas, denn in der Luftlinie liegt noch ein knackiger Abstieg von etwa 125 Höhenmetern, der in Richtung Ort wieder aufgeholt wird.
Glücklicherweise liegt die Herberge des Abends nicht ganz oben.
Im sehr großen, professionell und herzlich geführten Haus werden wir freundlich begrüßt – wo kommen denn die ganzen Leute plötzlich her, die haben wir tagsüber doch garnicht gesehen! – und bekommen ein großzügiges, annehmbar sauberes Zimmer.
Heute sind wir früh dran, und so gehen wir nach der Dusche nochmal auf den Berg, um einen Blick auf den Ort zu werfen. Und sind absolut baff, denn wir stehen plötzlich auf einem mittelalterlichen Marktplatz, annähernd perfekt restauriert. Aber sehen keine Menschenseele. (Bilder gibt es davon nicht, damit hat keiner gerechnet, und drum ist die Kamera in der Herberge geblieben. Und die Zeit bsi zum Abendessesn reicht nicht, um sie noch zu holen.)
Abendessen ist ein gutes Stichwort, denn wir haben Hunger.
Die Hergergseltern haben reichtlich gekocht, und das Essen haben wir in netter Runde mit Franzosen und Kanadiern. Die großen Platten leeren sich beängstigend schnell, und doch wird jeder gut satt und kriegt auch ein schickliches Quantum an Wein.
Wir erfahren bald, warum wir die alle heute nicht gesehen haben: Das sind wohl eher die frühen Vögel.
Und entsprechend schnell wird es wieder Nacht…
Fazit des Tages:
Herrliche Etappe durch das landwirtschaftlich-mittelalterliche Frankreich. Aber auch etwas deprimierend. Denn so sehen wohl Landflucht und Überalterung aus. Der Wettergott hadert ein wenig mit sich, bleibt uns aber letztlich wohlgesonnen. Gerne mehr davon!
Hey,
wann gehts du weiter?
Hallo Jo,
ich bin schon weiter gegangen. Wir haben letztes Jahr Roncesvalles erreicht.
Bin noch am Schreiben.
Wann es auf dem Weg weitergehen wird, ist ungewiss. Denn Roncesvalles ist ja nun wirklich die Pole-Position um sich die Seuche zu fangen!
Wer bis Pamplona gekommen ist, leidet ziemlich sicher nicht mehr unter einer ernsten Atemwegserkrankung, aber die ersten Tage des Mainstream-Weges ab Saint Jean sehe ich da schon kritisch.
Wahrscheinlich setzen wir dieses Jahr komplett aus. Es gibt auch hier viel zu entdecken!
Inzwischen dürften die meisten Menschen doppelt geimpft sein. Und wie es aussieht, werden auch nur geimpfte Pilger ohne Probleme in den Herbergen / Hostals / Hotels aufgenommen werden können. Insofern hat sich das individuelle Pandemie-Risiko sicherlich auf ein Minimum reduziert und dürfte dem weiteren Pilgern nach Santiago de Compostela diesbezüglich nichts mehr im Wege stehen.
Danke auch von mir für deine überaus plastische und humorvolle Beschreibung deines bisherigen Wegs! Ich habe viele Stunden mit Lesen verbracht, zumal ich im Oktober aufbrechen will, um den deutschen Abschnitt ab Hamburg bis Trier in ca. vier Wochen bzw. drei Blöcken zu gehen…