64. Tag: Maslacq – Navarrenx

Montag, 7. Oktober 2019
Strecke: 22,9km – Etappe: 217,3km – Gesamt: 1.873,8km
Gehzeit: 7:15 brutto / 5:15 netto.

Das Antibiotikum hat über Nacht freilich kein großes Wunder bewirkt, aber offensichtlich seine Arbeit aufgenommen. Also gibt es heute statt der normalen Socken die Kompressionsstrümpfe. Und nach einem kurzen, ausreichenden, ebenfalls am Vortag vorbereiteten Frühstück mit der Möglichkeit, den Rest für den Tag einzupacken, geht es dann los. Wieder ohne Gepäcktransport, denn ich kann nicht einschätzen, was heute wirklich geht.

Der Tag empfängt uns sonnig, aber schon ein wenig frisch.

Auch heute ist Mais wieder die dominierende Kulturpflanze, abgewechselt durch einige Waldstücke und locker in die sich zunehmend wellende Landschaft gestreut. Wir laufen in vorsichtigem Tempo los und erreichen die erste Steigung von etwa 100 Höhenmetern, die nicht gerade leicht fällt. Auch beim Weg bergab zieht es weiter im Schienbein, glücklicherweise nicht mehr so heftig und dumpf wie am Tag zuvor.

Der Tag klart weiter auf, und so vergehen die Kilometer durch die Felder recht kurzweilig und abwechslungsreich, denn der Weg wellt und windet sich, statt wie die Tage zuvor lange und gerade durch die Monokulturen zu führen. Auch der Himmel trägt mit eindrucksvollen Wolkenformationen zur Unterhaltung bei. Wenngleich die auf recht heftigen Wind in der weiteren Umgebung hindeuten (über Portugal hängt ein Sturm).

Die Gegend ist jetzt generell etwas belebter, und um die Mittagszeit erreichen wir etwa bei Kilometer 12 auf der Höhe der dritten ernsthaften Steigung einen netten Rastplatz, wo wir erstmals auf das Wirken des regionalen Künstlers l’Alchimiste stoßen.

Der Rastplatz ist an der richtigen Stelle, und der Hund bettelt praktisch gar nicht.
Das Antibiotikum werkelt weiter, und die Schmerzen werden tendenziell trotz der Belastung sogar etwas besser. Geiler Stoff!
Nach einer ausgiebigen Pause geht es in moderatem Tempo weiter, ohne neue landschaftliche Eindrücke.

Ein letztes Mal geht es durch ein Tal und wieder hoch, etwa 100 Höhenmeter, dann fällt der Weg durch Gehölz auf das Niveau von Navarrenx, das wir nach 22,5 Kilometern erreichen. Schnell finden wir die Herberge mit dem lustigen Namen “Le Cri de la Giraffe”, wo wir freundlich empfangen werden und ein wirklich angenehmes Zimmer bekommen.
Die nette Altstadt in der Nähe verspricht üppige Gastronomie, nach der wir nach einer Dusche und einer kurzen Pause mit hochgelegtem Bein leider länger vergeblich suchen.
Auch der wirklich nette Pilgerempfang in der Kirche mit einer kurzen Führung und einem kleinen Apéritiv im nahegelegenen Gemeindesaal bringt da keine Erhellung. Aber der Empfang ist nett gemacht! Hingehen!

So enden wir in der einzigen offenen Kneipe, direkt am Stadteingang, kitschigerweise auch noch “Taverne Saint Jacques”. Aber egal, wir brauchen genau ein Restaurant und genau ein Abendessen, mehr Auswahl verwirrt nur!
Das Antibiotikum ist zum Bier geschmacksneutral, und so wird es dunkel, ohne, dass wir den Schrei der Giraffe gehört hätten.

Fazit des Tages:
Es geht immer weiter. “Plus Ultra”, wie es Karl der vierte als Krönungsmotto hatte. Aber Vorsicht, mit Augenmaß! Eine bakterielle Infektion, wegen der früher Leuten Gliedmaßen amputiert wurden, ist dank Antibiotikum heute nichts Schlimmes mehr, aber doch mehr als ein Luxusproblem!

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