Montag, 30. September 2019
Strecke: 32,5km – Etappe: 32,5km – Gesamt: 1.689,0km
Gehzeit: 9:00 brutto / 7:00 netto.
Heute weckt uns nicht nur der Wecker. Auch die Kirchenglocke scheint zum Greifen nahe, wenngleich sie auch nur die Uhrzeit schlägt. Also sind wir nicht so sonderlich spät auf den Beinen, und das Frühstück im Hotel ist nach den Eindrücken des letzten Abends tendenziell alternativlos. Ausserdem wollen wir auf die Strecke, für den ersten Tag haben wir Einiges vor!
Um neun setzen wir den Weg genau da fort, wo wir ihn im letzten Jahr beendet haben. Nur das Wetter verspricht etwas mehr.
- Lectoure: Blick aus dem Dachfenster auf den Glockenturm
- Lectoure: Immerhin nur leichte Wolken!
- Lectoure: Jetzt geht’s los!
Die Hauptstraße in Lectoure kennen wir von unseren diversen Erkundungen der Gastronomie schon ganz gut, und so finden wir schnell an den Ortsrand, wo wir vor dem Abstieg noch einen kurzen Blick auf die uns heute erwartenden Landschaft werfen können.
- Lectoure: Das sieht für den Tag recht ruhig aus!
- Lectoure: Vergeblich spähen wir nach den Pyrenäen…
Nach dieser Aussicht auf das leichte Auf und Ab durch die landwirtschaftlichen Flächen fällt der Weg auf den nächsten zwei Kilometern etwa 100 Höhenmeter ab, die er dann nach Überqueren einer Straße und des Baches ebenso sanft aber entschieden auf den nächsten drei Kilometern wieder ansteigt.
So haben wir schon bald einen netten Rückblick auf Lectoure. Es ist schon jetzt sehr ruhig, und so werden wir in einem Gebüsch an einem Bachlauf von einem neugierigen Nutria begrüßt.
- Rückblick auf Lectoure: Sieht aus der Perspektive sogar recht wehrhaft aus!
- Rückblick auf Lectoure: Jippieh, die Sonne kommt langsam raus!
- Neugier und Respekt schliessen sich nicht aus!
- Bei diesem Portrait beginne ich zu ahnen, dass die neue Kamera nicht nur zusätzliches Gewicht bedeutet!
Von un an wird es immer heller und wärmer, und das ist Klasse! Hier ist noch angenehmer Spätsommer!
Es geht durch Felder – halt, die korrekte Formulierung hier muss für den Rest des Tages eindeutig lauten “am Rand von Feldern entlang” – durch die Landschaft, immer mal wieder recht entschlossen auf und ab, aber nie wirklich viel. Um Kilometer 9 durchqueren wir Marsolan, das uns ignoriert.
Kurz nach Marsolan sehen wir erstmals eine Zypresse am Weg. In dieser Gegend sagt man, auf dem Jakobsweg stünde alle 5 Kilometer eine.
- In der Nähe von Marsolan: UM die Felder, nicht DURCH die Felder!
- Landgut in der Nähe von Marsolan
- Die erste bewußt gesehene Wegmarkierungs-Zypresse
Nett wäre, neben die Zypressen immer auch gleich eine schattige Bank zu stellen! Denn Sitzgelegenheiten bleiben in der landwirtschaftlichen Gegend rar.
Nach Marsolan geht es etwa um Kilometer 9 gut 100 Höhenmeter runter und ebenso entschlossen gleich drauf wieder hoch, auf das nächste Plateau. Dort geht es immer etwas hoch, etwas runter hin und her durch die Felder, bis wir etwa bei Kilometer 15 in einen etwas seltsamen Wald kommen. Im Satellitenbild ist nichts zu sehen, aber im Wald verbirgt sich ein Grundstück mit Wehranlagen. Seltsamer Platz. Zwar schön kühl und schattig, aber schon etwas unheimlich.
Am Waldrand erwartet uns dann jedoch ganz großes Pilgerkino: Die erste hochiffizielle Sitzgelegenheit seit Cahors! Na, wenn das kein geeigneter Platz für unsere Rast ist!
- Erste offizielle Sitzgelegenheit seit Cahors!
- Man ist ja nicht wählerisch, wenn man nicht auf dem Boden sitzen muß…
Weiter geht es Richtung La Romieu, “Stadt der Katzen”, etwa Kilometer 18, das uns mit einer schönen Aussicht auf die Wehrkirche, einer weiteren Zypresse, einem sonnigen Marktplatz und einem offenen Café begrüßt.
- La Romieu: Zypresse und Wehrkirche
- La Romieu: Wahrzeichen
- La Romieu: Lebende Katzen sind ganz klar in der Minderheit!
- La Romieu: Marktplatz in der Sonne
- La Romieu: Stadt der Katzen
- La Romieu: Die halten wenigstens still!
- La Romieu: Diese Katze wirkt etwas verloren!
- La Romieu: Sie sind einfach überall
- La Romieu: Kreuzgang ohne Katzen!
In La Romieu fällt es uns etwas schwer, uns vom Café auf dem sonnigen Marktplatz aufzurappeln. Wir tun es trotzdem und werden mit gut 12 recht ereignislosen, aber sonnig und recht leicht zu laufenden Kilometern belohnt. Zum Aufwärmen geht es ein Stückchen aufwärts, dann aber recht kurzweilig zunächst 100 Höhenmeter abwärts und dann in einigen Buckeln immer mal wieder 50 hoch und wieder runter. Etwa bei Kilometer 23 erreichen wir Castelnau sur l’Auvignon, ein kleines, malerisches Örtchen. Sieht gastlich und nett aus, hat aber nichts weiter zu bieten.
Wir schlängeln uns weiter durch die abgemähten oder wilden Felder und erreichen um Kilometer 26,5 einen See. Der ist aber kaum da – wahrscheinlich diente er der Landwirtschaft im trockenen Sommer.
- Letzte Grüße des Sommers!
- Durch die Felder…
- Ein See macht Ferien.
- Bescheidener Landsitz…
Nach dem See biegen wir buchstäblich auf die Zielgerade ein, die uns nach einem letzten kurzen Anstieg auf den letzten drei Kilometern sehr ruhig recht nah an das Stadtzentrum von Condom heranbringt. Dort ist unsere nette Herberge direkt an einer recht großen Kreuzung für uns völlig ungewohnt stark bevölkert. Nette junge Wirtsleute, alles recht hip aber wohnlich und praktisch gestaltet. Aber es ist ganz schön was los im Haus! Offensichtlich ist da irgendwie noch eine größere Gruppe gelandet. Der Trubel verläuft sich allerdings im großen Haus mit seinen vielen gemütlichen Zimmern.
In Condom glauben wir zunächst nicht an gastronomische Probleme, schließlich geht es hier zentral um den durchaus zechfreudigen D’Artagnan! Am Ende ist es dann aber doch wieder ganz einfach eine große Pizza. Erst jetzt fällt auf, dass heute doch noch ganz nett die Sonne brannte, der Wein entfaltet schnell seine Wirkung, letzte Erinnerung des Tages ist, dass in unserem Zimmer auf einer der Tafeln “Surtout…ne jamias quitter la fête d’avant le fin!” steht und so wird es wieder schnell Nacht…
Fazit des Tages:
Für den ersten Tag eine ganz ausgiebige Etappe durch eine systematisch bewirtschaftete Landwirtschaftsgegend. Von den Eichen oder dem Wein für den Armagnac keine Spur, auch nicht vom “bleu de Lectoure”. Aber die Weite der Landschaft und das kräftige Licht (Hat was von van Gogh) tun gut!
Da hast du ja auch einen schönen Blog. Bist du denn jetzt schon in Santiago gelandet und mit dem Schreiben noch nicht hinterher gekommen oder wo bist du jetzt? Ich bin gerade in der weiteren Planung ab SJPDP und habe mich doch für den Hauptweg, den Camino Frances entschieden. Spannend finde ich den herbstlichen Eindruck von Frankreich, ich hatte ja eher die Frühlingsvariante, jedenfalls ab Le Puy.
Gruß Anneliese (Facebook)
Hallo Anneliese,
Danke für die Blumen! (WordPress rockt!)
Ich bin 2019 bis Roncesvalles gekommen. 2020 ist ausgefallen, 2021 wird ebenfalls ausfallen.
Ehrlich gesagt, bin ich mir auch nicht so ganz sicher, ob ich wirklich weiter will. Denn Du hast’s ja selbst gemerkt, es wird langsam voll unterwegs. Da weiß ich nicht, ob das mein Ding ist. Aber ich habe ja wahrscheinlich noch ein Jahr Zeit, mir darüber klar zu werden. Bis dahin schreibe ich immer mal wieder wehmütig ein Stückchen.
Aber es gibt auch auf anderen Strecken noch soooo viel zu entdecken. Auf der Via Francigena zum Beispiel. Für jeden Weg, den wir nehmen, müssen wir mindestens einen anderen liegen lassen…