10.Tag: Kédange-sur-Canner – Metz

onntag, 29. März 2015
Strecke: 34,9km – Etappe: 83,2km – Gesamt: 336,6km
Gehzeit: 9:30 brutto / 7:30 netto

Der erste Blick aus dem Fenster ist wesentlich besser als der Wetterbericht.
Nach einer regnerischen Nacht scheint die Sonne auf die frisch gewaschene Welt.
Dann also zügig los.Das Frühstück ist eigentlich ganz nett, leichte Motel-Atmosphäre aber freies Buffet.
Und so werden auch unsere Verpflegungsdosen gefüllt. Als wir damit fertig sind, weist man uns darauf hin, daß das nicht erwünscht sei und außerdem hinge da an der Wand ein Zettel (ja, da hängt wirklich ein verknittertes Blatt, das meiner unterzuckerten Wahrnehmung entging).
Wir machen uns fertig und werden am Empfang freundlich als Pilger identifiziert, man bietet uns den hauseigenen Stempel an.
(Umso mehr verwundert dann die Nummer mit der Brotdose.)
Die Rechnung legt uns spontan platt auf den Rücken. Der Zimmerpreis ist OK, aber das mit den Getränken, nun ja…
Wir bringen die Elektronik auf Spur und stehen relativ spät auf der Straße.
Guter Dinge geht es richtung Süden los.
Aber schon nach wenigen Metern wird klar: Heute geht nichts ohne Regenklamotten.
Relativ entschlossener Wind und (zunächst noch) feiner Regen, glücklicherweise nur kalt und nicht frostig.
In Hombourg-Boudange biegen wir vom Radweg auf eine wenig befahrene Straße ab.

Hombourg-Boudange: Nett anzuschauen. Ohne Laub an den Büschen und blendende Sonne sieht man's wenigstens!

Hombourg-Boudange: Nett anzuschauen. Ohne Laub an den Büschen und blendende Sonne sieht man’s wenigstens!

Kurz gibt es eine nette Aussicht, stellt man sie sich mal kurz in der prallen Frühlingssonne vor.
Der Weg wird Richtung Süden einfach weiter auf der Straße geführt, aber das kratzt keinen.
Sonntagmorgens gibt es hier keine Autos.
So geht es relativ zügig weiter Richtung Saint-Hubert.
Das Wetter bestätigt seinen tendenziell eher fiesen Charakter, der Regen wird etwas stärker und damit wir es auch richtig spüren wird der Wind noch etwas stärker.
Er erreicht jedoch glücklicherweise (noch) nicht die in der Wettervorhersage angesagten Maximalgeschwindigkeiten um 100km/h.

Jakobsweg Saint-Hubert Schild

Klare Ansage in Saint-Hubert!

So entscheiden wir uns nach einer Rast unter dem Dach des Dorffest-Platzes von Saint Hubert (etwa 11km), den Schlenker durch den Wald vorbei an der Kapelle von Rabas doch zu nehmen.
Asphaltiert geht es weiter bis zur Kapelle, die der Legende nach auf Karl den großen zurückdeutet.
Der Regen stabilisiert sich auf mäßigem Niveau.

Das innere der Kapelle ist eher schlicht gehalten und verspüht wenig Charme.

Jakobsweg Rabas Kapelle von außen

Kapelle von Rabas: Wer genau hinschaut, sieht den Regentropfen auf dem Objektiv. Hier bleibt kein Auge trocken!

An der Kapelle endet der asphaltierte Weg und es geht über feuchte Wiesen Richtung Waldrand bergauf.
Und was tut diese Kapelle zum Abschied?
Sie spielt uns ein Lied auf ihrem Glockenspiel: Freude schöner Götterfunken.
Allen Ernstes. Das beflügelt unsere Schritte.
Im kleinen Wald nimmt der Wind weiter zu, und wir sind ganz froh, daß wir da bald wieder raus kommen. Das ist schon so langsam eine Stärke, bei der man allein im Wald ins Grübeln kommen und das Weite suchen sollte.
Hier ist eher gut, daß noch kein Laub an den Bäumen hängt, zudem ist das Waldstück recht sorgfältig bewirtschaftet.
Kaum aus dem Wald heraus bläst uns der Wind ziemlich heftig und kühl entgegen.
Wir erreichen Vigy, und dort hat glücklicherweise ein Café offen, in dem wir uns aufwärmen und mit einem Sandwich laben.
Wir treffen zwei Damen aus Deutschland, die in gleicher Richtung unterwegs sind, jedoch mit wesentlich gemütlicherer Etappenplanung.
Wir mummeln uns noch etwas weiter ein und ziehen durch Regen und Wind weiter durch die Felder.
Bei Sonne und Wärme ist es hier sicher absolut herrlich. Geschlossene Wegstücke im Gebüsch, Felder, Wiesen, Weiden, Bäume…
Bei etwa 20km erreichen wir das nächste größere Waldstück.
Der Wind ist noch stärker geworden, der Wald steht aber fest. In den Kronen sind keine größeren Äste zu sehen und es schaukelt und wackelt auch nicht übermäßig. Wir gehen also vorsichtig weiter.

Jakobsweg Sanry-les-Vigy matschiger Wald

Sonniges Genußwandern bei Sanry-les-Vigy

Vorsicht ist auch aus einem anderen Grund geboten.
Der intensive Regen hat den Boden etwas überfordert. Es wird erstmals matschig.
Aus dem Wald wieder heraus hat der Wind erneut zugelegt und kommt jetzt meist von rechts vorne.
Na gut, hier ist nix, jetzt muß es einfach bis Metz weiter gehen!
Wenigstens geht es erst mal nicht mehr groß bergauf.

Jakobsweg Vany Wegweiser Ultreia

Immer weiter halt…

Bei etwa 24km unterqueren wir die Autobahn und werden gar trefflich motiviert.
Kurz drauf finden wir am Ortsrand einen etwas windgeschützten Platz für eine kleine Verschnaufpause.
Zwischen Vany und Mey – beides letztlich Vororte von Metz – wird der Wind zum echten Gegner auf freiem Feld.
Ziemlich fiese Sache. Hut geht schon lange nicht mehr und der Regen peelt das Gesicht.
An einem Kriegsdenkmal (ich glaube, für den 1870’er) finden wir ein windgeschütztes Plätzchen für eine kleine Pause.
Nach Mey wird es nochmal matschig, und als wir die Hochhäuser von Saint-Julien-les-Metz erreichen, wähnen wir uns schon am Ziel (29km).
An den Hochhäusern kommen wir schwankend und windgebeutelt vorbei und schlagen uns bergab weiter Richtung Stadt durch. Genuß sieht anders aus.
Zumal es jetzt etwas stärker bergab geht und mein Kumpan wieder “Knie hat”.
Bei etwa 32km erreichen wir den Schutz der Stadt.
Wir reinigen die Schuhe ein wenig und tasten uns durch die bei Sonnenschein sicherlich sehr schönen Festungsanlagen weiter in die Stadtmitte.
Ohne viel Sightseeing, denn das wollen wir morgen früh machen.
In der Nähe der Kathedrale finden wir problemlos ein Hotel. Die schauen uns zwar etwas verwundert an, nehmen uns aber auf.
Als wir zudem noch freiwillig anbieten, unsere Schuhe schon vor der Teppichzone auszuziehen, wird der Concierge regelrecht freundlich.
Das Zimmer ist in Ordnung, und neben der direkten Dusche duschen die Schuhe auch noch mit.
Nahrungsbeschaffung ist hier kein größeres Problem – mal wieder italienisch. Obwohl die auch hier mit den Bierpreisen ein wenig den Bodenkontakt verloren haben. Wein ist aber auch nicht billiger, und Wasser fiel heute genügend vom Himmel.
Auf dem Rückweg holen wir uns beim Concierge noch die Tageszeitung. Nicht zum Lesen, sondern zum Ausstopfen der Schuhe.
Die Füße sehen schon auch etwas mitgenommen aus, aber immerhin blasenfrei.

Es wird mal wieder schnell Nacht um uns.
Ein ernsthafter Streit um die Bettdecke entbrennt nicht, dafür sind wir zu müde…

Fazit des dritten Tages:
Der Wetterbericht kann auch mal Recht haben.
Wenngleich wir wieder mal Glück hatten. Sagt zumindest die Wetterkarte der Abendnachrichten. Rundherum waren es etwa 100km/h; wir waren in der Schneise mit “nur” 70.
Die Laune ist trotzdem gut, wir kommen gut voran!

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