Samstag, 7. Oktober 2017
Strecke: 15,3km – Etappe: 99,3km – Gesamt: 1.165,9km
Gehzeit: 4:45 brutto / 3:30 netto.
Die Nacht war sehr ruhig und wir kommen mal wieder nur langsam in Schwung. Das macht nichts, denn das heutige Tagesziel ist ja schon fast um die Ecke. Der Instant-Kaffee läßt uns beim Frühstück nicht lange verweilen und treibt uns in einen herrlich sonnigen Tag.
Trotzdem dauert es ein wenig, bis wir auf die Straße kommen. Denn wir haben gestern Abend noch einen kleinen Waschtag eingelegt.
Auch Saint Paulien empfängt uns wie frisch gewaschen.
Relativ eben und sehr ruhig geht es in der schon deutlich warmen Morgensonne Richtung Süden aus dem Ort. Wir machen lange Hälse, ob wir eventuell in der Ferne schon etwas von Le Puy erahnen können. Können wir aber nicht. Der Weg führt einfach durch Felder und an einem Steinbruch vorbei in den nächsten Ort. Es ist Samstagmorgen, also sind der Steinbruch und die Straße zwar staubig, aber ruhig.
Hinter Nolhac wird es etwa bei Kilometer 5 noch angenehmer: Der Weg beginnt, etwas abzufallen.
- Kirchplatz von Saint Paulien
- Liegt Le Puy irgendwo da hinten?
- Oder vielleicht hinter diesem Hügel?
Von Le Puy keine Spur. Auch die Silhouette der Burg von Polignac versteckt sich immer wieder.
Doch plötzlich sind wir da. Dort findet heute eine Berglauf-Veranstaltung statt, gerade läuft wohl die Vorbereitung der Startunterlagen und der Test der Beschallung. So verschwinden wir ziemlich schnell wieder, ohne die Burg umfänglich zu erkunden. Na, ein wenig doch, denn im allgemeinen Trubel verpassen wir einen Wegweiser. Und es könnte schon einen Unterschied machen, auf welcher Seite wir den Hügel runter laufen.
- Mauer einer Scheune. Ich mag einfach diese Art von Muster…
- Burg von Polignac
- Aufstieg zum Dorf
- Unter der Burg zunächst die Sterblichen
- Die Burg thront über dem Ort
- Und der Ort thront über der Landschaft
- Genauso schnell geht es aus dem Dorf wieder raus!
- Burg von Polignac (Sonnenseite)
Der Aufstieg in das Dorf ist ziemlich kurz und heftig, und plötzlich stehen wir mitten auf dem lauten Dorfplatz. Genauso schnell sind wir aber auch wieder draussen. Von Le Puy ist immer noch nichts zu sehen, nicht einmal Verkehr, obwohl es kaum noch mehr als 5 Kilometer sein können.
Etwa bei Kilometer 12 steigt der Weg nochmal kurz deutlich an und entläßt uns an der Spitze des Hügels in einen Park. Der gehört der Karte nach schon zur Stadt. Aber von der vielgerühmten Silhouette der Altstadt ist immer noch nichts zu sehen.
Erst als uns der Park am unteren Ende in ein etwas verwinkeltes, offensichtlich hochpreisiges Wohnebiet ausspuckt, können wir erstmals die Wahrzeichen der Stadt ausmachen. Tendenziell eher als Scherenschnitt, fast gegen die Sonne. Durch die Betrachtungshöhe wirkt es zunächst nicht ganz so imposant wie im Reiseführer.
Es geht weiter bergab durch das Wohngebiet und wir kommen in die Talsohle, durch die eine vielbefahrene Strasse führt. Unser Hotel sollte eigentlich gleich um die Ecke sein.
Aber vom Lärm etwas überfordert laufen wir zunächst ein Stück in die falsche Richtung. Das hat auch sein Gutes, denn wir können die Basaltnadel mit der Kirche auf der Spitze bestaunen. Von der Talsohle aus betrachtet sieht sie unmöglich hoch aus!
Das Hotel ist schnell gefunden und das Zimmer in Beschlag genommen.
Wir haben gelernt, dass Gott in französischen Sehenswürdigkeiten tendenziell pünktlich und hinsichtlich der Öffnungszeiten eher weniger fleissig ist, also machen wir uns ziemlich schnell auf den ersten Stadtrundgang. Den kann und will ich Euch natürlich nicht ersparen!
In Le Puy ist nichts wirklich weit entfernt. Wir richten uns in der Reihenfolge der Besichtigung nach den mutmasslichen Öffnungszeiten – Gott ist pünktlich!
Die Bilder fangen die Atmosphäre nur lückenhaft ein, und jeder Pilger erlebt die Orte etwas anders. Aber Eines läßt sich sicher sagen – die Kirche auf der Basalt-Nadel (Saint Michel d’Aiguilhe) ist etwas ganz Besonderes, und die Kathedrale von Le Puy ebenfalls. Der Rest atmet die Luft der Reisenden und leitet sie entlang ihres Weges. So auch die aus alten Kanonen gegossene Madonna, die über die Stadt wacht. OK, etwas Anderes darf man nicht verschweigen: Le Puy lebt vom Tourismus. Hier gibt es – außer in den Kirchen – teilweise recht saftige Eintrittsgelder. Da muß sich jeder selbst überlegen, wieviel Sightseeing das Budget hergibt…
- Die Madonna mit Kind wacht über Le Puy. Eine gute Verwendung für erbeutete Kanonen!
- Aus der Froschperspektive kaum zu erfassen: Fassade der Kathedrale von Le Puy
- Mit fotografischen Tricks nachgeholfen: Die Fassade ist unglaublich!
- Kathedrale von Le Puy: Schon unter den ersten Arkaden wartet Jakobus
- Ein schönes Bild: Sand, der auch nur für eine Zeit die Spur der Opferkerzen behält. Tempus fugit.
- Etwas eigenwillig präsentiert: Maria von Le Puy, wegen historischen Brandschadens züchitg verhüllt aber nicht minder wundertätig.
- Fieberstein: Ein ganz besonderer Ort mit sehr eigener, für mich deutlich spürbarer Kraft.
- Kathedrale von Le Puy: Die verzweifelte Mutter am Fieberstein
- Kathedrale von Le Puy: Blick ins Kirchenschiff
- Kreuzgang des Klosters in Le Puy: Einstmals eines der Zentren christlichen Denkens.
- Kreuzgang von Le Puy: Alles im Gleichgewicht!
- Kreuzgang von Le Puy: Hier wurde diskutiert, was an Glaubensfragen gerade so anstand.
- Nachbildung der Madonna von Le Puy, wie sie mutmaßlich vor dem Brand ausgesehen haben mag.
- Von der Altstadt aus auf Augenhöhe: Saint Michel.
- Saint Michel: Der Innenraum hat eine etwas eigenwillige Geometrie. Aber die Natur baut eben nicht rechtwinklig!
- Saint Michel: Licht und Schatten
- Saint Michel seinerselbst.
- Saint Michel: Fenster über dem Eingang.
Hier gibt es viele Geschichten zu erkunden, viele Plätze zu besuchen, das muß für heute reichen.
In der Stadt satt zu werden ist eher ein Problem der Auswahl – welch ein Luxus.
Aber schon auf dem Weg zum Abendessen lässt sich erahnen, dass das mit dem alleine-Wandern möglicherweise bald ein Ende haben könnte. Hier sind ziemlich viele Leute in Outdoor-Klamotten unterwegs.
Nun gut, die Eindrücke des Tages wollen noch einen Moment verarbeitet werden, außerdem klingelt morgen früh früh der Wecker. Denn wenn wir schon mal hier sind, wollen wir uns die tägliche Pilgermesse natürlich nicht entgehen lassen.
Und so wird es mal wieder schnell dunkel…
Fazit des Tages:
Kurze, mäßig abwechslungsreiche Etappe in die erste “echte” Pilgerstadt. Le Puy bietet beliebig viel Zeit zum Sighseeing. Der lange Nachmittag, den wir dort hatten, reicht für das absolute Minimum!