49. Tag: La Cassagnole – Cajarc

Samstag, 6. Oktober 2018
Strecke: 26,6km – Etappe: 130,2km – Gesamt: 1.462,8km
Gehzeit: 8:30 brutto / 6:00 netto.

Die Nacht alleine im großen Schlafsaal fühlte sich seltsam an. Und es war dann doch stellenweise schon etwas frisch um die Füße. Am Vorabend hat uns Jesus noch erklärt, wie wir morgens zu unserem Frühstück kommen (selber machen!). Und angemerkt, sie hätten etwas zu erledigen, wir sollten morgens bitte in die Puschen kommen. Das geht erstaunlich schnell und schnörkellos, und so stehen wir, für uns ungewöhnlich früh, um halb neun mit gebundenen Schuhen vor der Tür.

Der Tag empfängt uns sehr sonnig, aber noch etwas kühl. Nach den Schmerzen meiner Begleitung am Vortag müssen wir schauen, was der Tag heute bringen mag. Also laufen wir los, ohne eine Unterkunft klar gemacht zu haben.
Wir sind früh dran und lassen es daher sehr ruhig angehen. Und zunächst mal läuft es einigermassen.
Es geht immer mal wieder etwas hoch und runter, bleibt aber im Großen und Ganzen auf dem Niveau. Zu sehen gibt es nicht viel, es ist noch etwas morgendunstig. Und als sich der Dunst lichtet, gibt es Weiden und Weiden.
Schon nach etwa 3 Kilometern erreichen wir Faycelles, wo wir einen großzügigen Cappuccino lang absolut herrlich auf einer sonnigen Dachterrasse versacken, während sich in dem kleinen Ort eine größere Motorradgruppe versammelt und lautstark auf die anstehende Ausfahrt vorbereitet.

Als wir uns doch wieder losreissen, fällt uns eine Gruppe mittelalter Männer auf, die mit Rotwein über großen Wurst- und Käseplatten anstösst. Eigentlich auch keine schlechte Idee…
Wir schaffen es doch auf die Straße.

Und halten uns durch Weiden und keinere Waldstücke weiter grob Richtung Westen. Es gibt weiterhin keine zehrenden Steigungen oder Gefälle, und das Grün geht frisch und mühelos an uns vorbei. Die Wege sind gut zu gehen, manchmal mit kleinen Mäuerchen links und rechts, immer einigermaßen eben, ohne viele Schlaglöcher oder schwierige Beläge.

Menschen treffen wir keine, aber es gibt hie und da Spuren vergangener Zivilisationen.

Die Landschaft zeigt sich von ihrer schönsten Seite, und so verfliegen die Kilometer. Etwa bei Kilometer zehn finden wir bei einer Schutzhütte ein nettes Plätzchen unter Eichen auf einer leeren Weide für die Mittagspause. Frisch gestärkt geht es in einen etwas stärker profilierten Teil der Strecke. Auf dem nächsten Kilometer sind knapp 100 Höhenmeter zu bewältigen, die bis Kilometer 14 gemütlich abgebummelt werden.
So lässt sich’s aushalten!
Dann sind die 100 Höhenmeter bis etwa Kilometer 16 wieder zu steigen, wir erreichen Gréalou, ein nettes Fleckchen ohne ergiebige Infrastruktur.
Also weiter.

Bei Kilometer 18 sind wir bereit für die nächste Pause, und hier bietet sich ein herrlicher Platz an: Der erste Dolmen!

Gehversuche!

Ab nun geht es in der Tendenz in Richtung des Etappenziels Cajarc zwar überwiegend bergab, aber die am Vortag erworbenen Silikon-Teileinlagen sind für meine Begleitung vorsichtig ausgedrückt kein orthopädischer Volltreffer.
Insofern wird der Genuß deutlich getrübt.
Bevor der Weg recht entschieden nach Cajarc fällt, schlagen wir noch einen Bogen durch ein Gebiet, in dem unlängst ein Busch- und Waldbrand gewütet haben muss.
Ich stelle mir die etwas Bange frage, was man da eigentlich macht, wenn man ein aktives Feuer nicht schon aus weiter Ferne wahrnimmt. Offensichtlich spielten Wind und Feuchtigkeit hier auch eine Rolle, denn der Brandbereich hat recht klare Begrenzungen.

Wir stürzen uns mit dem Weg entschlossen ins Tal, und der Jakobsweg regelt unser orthopädisches Problem auf seine Weise:
Wir wissen nicht so ganz genau, wo das Hotel ist und machen deshalb keine navigatorischen Abkürzungsexperimente. Und das ist auch gut so, denn an einer Straßenecke im Zentrum erwartet uns eine Apotheke mit eingesessener Orthopädin. Die ist zwar eher auf die Belange der älteren Bewohner ausgerichtet, hat aber nach Ansicht des Bildes und des lebenden Objekts die rettende Idee – Fersenkeile!
Bis zum Hotel schaffen wir es aber noch ohne. Und mit dem Beschluss, dass morgen wohl ein Pausentag sein muß, bleiben wir trotz des etwas ambitionierten Preises bei der Aussicht auf ein warmes, weiches, langes Bett.

In der wirklich schönen Stadt gibt es einige nette Restaurants (“Haben Sie reserviert?”) und ein lebendiges Bistro mit ordentlichen Portionen und erschwinglichen Getränkepreisen.

Und so wird es wieder recht schnell Nacht…

Fazit des Tages:

Wer seine Hausaufgaben nicht macht, muß nachsitzen! Oder eben einen Erholungstag einlegen! Das scheint nicht so schlimm, denn für morgen ist Regen vorhergesagt.
Heute war es für mich – ohne Schmerzen – eine herrliche Wanderung bei Bilderbuchwetter, für meine Begleitung in der zweiten Hälfte wohl die Hölle in Tüten!

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