Dienstag, 18. Oktober 2016
Strecke: 31,3km – Etappe: 184,0km – Gesamt: 1.040,2km
Gehzeit: 9:00 brutto / 6:15 netto
Der Tag beginnt mit dem Läuten der trotz Nebel gut zu sehenden Kirchenglocken. Ansonsten zeigt sich die Aussicht am Aussichtspunkt eher monochromatisch.
- Blick vom Bett auf den Wecker
- Spektakuläre Aussicht auf den Loire-Stausee
Man hatte uns am Abend zuvor ja schon gesagt, daß das Frühstück bei Zeiten zu nehmen sei weil man in der Stadt etwas zu erledigen habe. Das Frühstück gibt es gegenüber bei den Gastleuten in der großen Küche mit großflächigem Panorama-Fenster (ohne Panorama halt). Offensichtlich gehören ihnen hier in der Ecke mehrere Häuser, denn die riesige Küche ist in einem anderen Gebäude als Eingang und Wohnbereich. Das Frühstück ist nett aber wortkarg und einfach, schließlich sollen wir uns hier nicht einnisten!
Und so starten wir um halb Zehn die Elektronik, um uns durch den Nebel zu tasten. Der Ort ist echt schön, auch im Nebel. Wir machen einen Schlenker auf den höchten Teil des Ortes mit mutmaßlich erhabenem Aussichtspunkt. Es besteht schon jetzt kein Zweifel, daß die Sonne alles gibt, um den Dunst zu vertreiben. Aber wie lange das noch dauern mag, ist schwer abzusehen. Und so verlassen wir den Ort in Richtung Loire-Stausee.
- Die Unterkunft ist von außen bei Tage auch schick!
- Eine der engen Gassen im Ortskern von Saint Maurice
- Alles etwas unübersichtlich. War dieser Hof ein Teil der Stadtbefestigung?
- Hauptstraße von Saint Maurice im Stoßverkehr
- Auf der Spitze des Hügels läßt sich der Kampf der Sonne gegen den Nebel mit Händen greifen.
- Hier hat die französische Revolution offenstichtlich ganze Arbeit geleistet!
Auf den Weg werfen wir noch einen Blick in die geduckte Kirche, die sich aus einer sehr alten Kapelle entwickelt hat. Der Stilmix präsentiert sich gedrängt und irgendwie gleichzeitig angestaubt und aufgeräumt, verlassen und benutzt.
- Das Innere ist überraschend hell!
- Unglaubliche Fresken im Altarraum
- Wie mag das wohl leuchten wenn die Sonne scheint?
Auffallend sind hier einige in der Darstellung etwas ungewöhnliche Statuen.
- Hier schaut der Heiland mal nicht so ernst wie sonst üblich!
- Und auch der heilige Antonius lächelt in anderen Darstellungen meist nicht!
- Nur Maurice, das muß man leider so sagen, schaut als hätte er schon vor der Schlacht die Hosen voll!
Die Kirche ist ungeheizt und etwas muffig, also halten wir uns nicht lange dort auf. Der Weg aus dem Ort hinaus ist etwas verwinkelt aber leicht zu finden. Und schon blicken wir von unten auf den wirklich sehr schönen Ort zurück. Es sollte jetzt ein Stück am Loire-Stausee entlang gehen, aber der ist gemeinsam mit dem Panorama in Urlaub gefahren.
- Den strahlend blauen Himmel denken wir uns jetzt einfach mal dazu!
- Klimawandel oder nicht: Ein Stausee ohne Wasser schaut immer ein wenig trostlos aus!
- Hier läßt sich die ehemals erhabene Hügellage von Saint Maurice erahnen.
- Ein letzter Blick auf den Ort…
Entlang eines schmalen Bächleins geht es vom Ort und vom Stausee weg, und nach etwa zwei Kilometern überqueren wir einen Hügel und lassen die Loire zunächst hinter uns.
Zwischen Kilometer vier und Kilometer acht steigt der Weg beständig an. Etwa bei Kilometer sechs erreichen wir Bully. Das zeigt uns zunächst die kalte Schulter und wir suchen recht lange nach dem im Ort eigentlich eindeutig ausgeschilderten Universalgeschäft. Gerade als wir aufgeben wollen, finden wir’s doch. Es gibt zu – na, sagen wir mal … – qualitätsbewußten Preisen Proviant und einen ganz leckeren Kaffee in einem netten Sammelsurium um zwei gelangweilt tratschende jüngere Frauen. Draußen wird es zunehmend heller.
- Lurchi hat wohl kein Glück gehabt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er gegen einen Geländewagen verloren hat oder heute einfach noch nicht warm ist.
- Kurzweilige Weidelandschaft irgendwo zwischen Bully und Dancé
- Nette Abwechlsung unterwegs…
Der Weg steigt weiter an (in Summe sind das nur etwa 200 Höhenmeter, also nicht so tragisch.) und etwa bei Kilometer zehn erreichen sehr abwechslungsreich durch etwas Wald und viele Weiden Dancé – ein schöner Ort für eine kurze Pause an der (geschlossenen) Kirche.
Auch aufgrund der Höhe setzt sich die Sonne endgültig gegen den letzten Dunst durch und macht einem kontrastreich heiter-wolkigen Tag Platz.
Es wird in der Sonne schön warm und der Weg fällt ganz allmählich durch endlose Weiden nach Amions.
Da gibt es nicht viel zu sehen und auch das infrastrukturelle Angebot ist überschaubar, also verlassen wir es ohne Bedauern. Wir haben ja auch erst am Morgen unsere Vorräte aufgefüllt.
Die nächsten Kilometer geht es durch sehr schöne, schier endlose Alleen und Laubwald weiter Richtung Süden. Etwa bei Kilometer 17 schnörkelt der Weg ein wenig um die Autobahn 89 zu überqueren.
Kurz darauf sind wir wieder in den Weiden, gelegentlich auch Feldern und nähern uns Pommiers auf denkbar unspektakuläre Weise. Das ist definitiv die nicht-Schokoladenseite des Ortes!
Recht plötzlich ändert sich das Bild und wir erreichen die Abtei von Pommiers. Wie immer sind wir deutlich außerhalb der von Touristen zu erwartenden Besuchszeiten, so daß der Ort menschenleer ist und die einschlägigen Türen verschlossen sind. Mit Ausnahme der Kirche. Hier nun also der Rundgang.
- Wenn ich mich recht erinnere, war das auch noch eine mögliche Unterkunft…
- Pommiers, Eingang zur Abtei, sieht eher nach Hintertür aus.
- Innenhof der Abtei
- Blick in die Kirche
- Nochmal näher…
- Nahezu naturbelassene Fresken im Altarraum
- Eine wirklich herrliche Darstellung des jungen Jesus!
- Hauptstraße des alten Pommiers
- Blick zurück auf den Stadtkern
- Im Inneren der Mauern wurde durchaus dicht gebaut!
- Blick zurück durch das Haupttor
Zu touristisch üblicher Zeit kann man sich hier sicher stundenlang verlieren! Das Gemäuer dünstet die Intrigen und Wirrungen von Jahrhunderten klösterlichen Lebens förmlich aus. In der Gegenwart wird jedoch vor allem darauf hingewiesen, verdächtige Personen im Auge zu behalten und besondere Beobachtungen augenblicklich an die Hotline zur Terrorismus-Abwehr zu melden. Beruhigend.
Wir sind ziemlich schnell wieder draußen und sehen Pommiers von seiner spektakulären Panorama-Seite. Direkt an der historischen Brücke gibt es Platz für eine kurze Rast.
- Taugt uneingeschränkt als Kulisse eines historischen Romans: Blick auf die Abtei von Pommiers
- Hier allerdings muß man sich mit etwas Phantasie den Fluß unter der Brücke denken!
Hinter Pommiers beginnt sich die Tagesetappe etwas zu ziehen. Es geht durch landwirtschaftliche Nutzfläche immer weiter, die Aussicht hält sich in der vorwiegend ebenen Gegend in Grenzen; menschliche Begegnungen ebenfalls. Es kühlt etwas ab, und schon bald wünschen wir uns die Bleibe für die Nacht herbei.
Ab etwa Kilometer 27 weichen wir von der in der Gegend ausgeschilderten Wegführung ab denn es ist auf der Karte klar abzusehen, daß das heutige Etappenziel mit einem Schlenker angepeilt wird. Von der Unterkunft der Nacht wissen wir dann allerdings nur, daß sie “am Weg” liegt. Und das gibt uns in Arthun eine faire halbe-halbe-Chance als wir etwas oberhalb der Ortsmitte wieder auf den ausgeschilderten Weg treffen. Wir tippen auf die richtige Hälte und erreichen am unteren Ende des Ortes unsere Gîte bei einer netten älteren Dame. Obwohl wir uns telefonisch angemeldet hatten, erschrickt sie sichtlich als dann doch tatsächlich jemand an ihrer Tür klingelt.
Wir haben ein ganzes Haus für uns, das allerdings zunächst eher mäßig geheizt. Das Haus ist eher als Ferienhaus für eine ganze Familie mit Kindern angelegt und insgesamt in der Einrichtung etwas eigenwillig. Aber als wie die Wirtin beim Abendessen näher kennenlernen und uns recht nett miteinander unterhalten – Marie Claude war früher Englisch-Lehrerin und taut ihr Englisch stückchenweise auf – ergibt alles ein stimmiges Gesamtbild. Sie kocht für uns in der Küche unseres Hauses und bleibt zum Essen.
Auch, daß sie die eigene Küche und das eigene Hause nicht für Gäste geeignet findet, paßt ins Bild. Marie Claude ist etwas chaotisch, aber durchweg sympathisch. Fast ungefragt erzählt sie uns ihre eng mit dem Dorf und dem benachbarten Herrschaftshaus verwobene Geschichte, von der französischen Revolution gleichermaßen fasziniert und angewidert. Sie ist nicht so alt, aber die Revolution gehört dazu, denn zu dieser Zeit wurde das Haus, in dem wir wohnen errichtet, zumindest der heutige Wohnbereich.
Heute Abend dauert es ein wenig, bis wir Schlaf finden. Denn der Tag war nicht so anstrengend, daß wir auf dem mit knisternder Baby-Pischer-Plastikfolie unterlegten, bei jeder Bewegung knarzenden und knisternden Bett sofort wegdämmern könnten.
Fazit des Tages:
Sehr schöne und abwechslungsreiche Tagesetappe, die im Sommer sicher auch ihre Tücken hat. Die Gegend hat ihre Längen und Weiten, ist aber im Grunde leicht und angenehm zu laufen. Ich könnte mir vorstellen, mich auf dieser Strecke etwas zu verzetteln, wenn Natur und Tourismus mehr Ablenkung bieten würden. Heute waren wir zwar auch etwas trödelig unterwegs, sind aber immerhin mal nicht in die Dunkelheit gekommen!