Glauburg – Steinberg

Freitag, 18. August 2017
Strecke: 21,5km – Etappe: 21,5m – Gesamt: 21,5km
Gehzeit: 4:15 brutto / 4:00 netto

Dieser Wandertag beginnt mal ausnahmsweise nicht mit dem harschen Klingeln des Weckers zur Unzeit. Sondern am Arbeitsplatz. Den Rucksack habe ich schon dabei.

Um 13.15 beginne ich langsam aber entschlossen, meinen Schreibtisch aufzuräumen und den PC herunterzufahren.
Kurz drauf bringt mich die nächste S-Bahn in wenigen Minuten an den Frankfurter Hauptbahnhof. Dort erreiche ich mühelos den legendären, bereits frisch geputzt am Gleis wartenden international bekannten Panorama-Express “Stockheimer Lieschen” (RB 15538).
Eine gute Stunde schlängelt sich die Bahn durch die wohlbekannte Landschaft, durch die vielen Schlangen kann ich viele mir vom Radfahren bekannte Ecken nochmal aus einer anderen Perspektive betrachten.

Mit leichter Verspätung stehe ich um kurz vor 3 am Bahnsteig in Glauburg und schaue bei leicht wolkigem aber warmem Spätsommerwetter zu, wie die Bahn verschwindet und die Berufspendler hektisch davon eilen.
Ich orientiere mich, bringe die Elektronik in Schwung und bin schon auf dem Weg, der direkt am Bahnübergang kreuzt. Schnell finde ich den ersten Wegweiser – die Strecke soll sehr gut ausgeschildert sein – und verlasse den Ort.

Der Weg steigt durch Felder an, erwartungsgemäß beginne ich sofort zu schwitzen, obwohl ich nur die leichte Hose und ein T-Shirt trage. Und Turnschuhe, denn der Weg ist mutmaßlich geteert oder fest und glatt geschottert. Ich habe heute etwas vor – um 7 sollte ich in der etwa 20km entfernten Unterkunft sein. Trotzdem schaue ich mich kurz um.

Das Wetter sieht ganz ordentlich aus. Vorhergesagt ist “sommerlich warm, bewölkt, gelegentlich Schauer und vereinzelt Gewitter”. Also los!
Gut schweißfeucht erreiche ich nach kurzer Zeit den dichten Wald. Etwas kühler aber nicht kalt. Aber stehen bleiben sollte ich hier wohl nicht.

Bonifatius-Route Glauburg Drachenskulptur

Drache im Märchenwald. Klar, die Gebrüder Grimm waren hier nicht weit!

Denn hier gibt es böse Tiere!
Die weniger bösen sieht man, und das ist eine üble Falle. Ich überlege einen Moment, ob ich auf dem Hocker vor dem Märchendrachen ein Selbstportrait anfertigen soll. Schon nach wenigen Sekunden beginnen mich die Mücken zu piesacken. Was für eine perfide Falle!
Es geht weiter, bei etwa 2,5km hat der Weg die Spitze des Hügels erreicht und geht als erwartungsgemäß gut geschotterter Hochgeschwindigkeits-Waldwirtschafts-und-Wanderweg gen Osten.

Bonifatius-Route Glauburg Waldweg

Panorama-freie Hochgeschwindigkeits-Schneise durchs frische Grün.


Zu sehen gibt es nicht allzu viel, das Grün tut gut und ich komme recht gut voran.
Allerdings bemerke ich schon jetzt, dass mit den Turnschuhen schon etwas Vorsicht geboten ist. Die sind mit Gepäck doch etwas weich und weit um den Fuß herum, zumindest im Vergleich zum Wanderstiefel. Sicherheitshalber schnüre ich nochmal sorgfältig nach. Denn im ersten Eifer gleich Blasen laufen, das wäre dumm!
Waldein, waldaus geht es die nächsten Kilometer zügig weiter, mal ein wenig runter, kurz darauf wieder hoch, immer auf den Kuppen der Hügel entlang. Der Wind kommt leicht von hinten und schon bald sind die ersten 9 Kilometer geschafft. Na, das läuft ja super!

Keinen halben Kilometer später fallen ein paar Tropfen vom Himmel. Ah, die angesagten leichten Schauer! Das kommt sehr schön erfrischend, die paar Tropfen fallen gegenüber dem Schweiß nicht wirklich ins Gewicht. Der Regen wird jedoch langsam mehr, und schon bald bin ich durchweg feucht. Aber noch nicht kalt, also einfach weiter, das trocknet schon wieder.

Ab Kilometer 11 werde ich im offenen Feld gnadenlos gewaschen. Regenhose hat bei der Temperatur keinen Sinn, aber der Oberkörper beginnt auszukühlen, und mit Hut plätschert’s nicht so derb auf den Kopf.

Bonifatius-Route Lißberg Schafskirche

Schafskirche in der Nähe von Lißberg

Gute Entscheidung! Etwa bei Kilometer 12 erreiche ich noch die Schafskirche und überlege kurz, wie ich mit dem Regen umgehen soll. Danach erübrigt sich der Gedanke, denn dann geht der Regen mit mir um.
Von Lißberg sehe ich nicht viel, verlaufe mich in der Suppe sogar mal ein paar Meter. Kurz denke ich darüber nach, im Ort unterzukommen, möchte navigieren. Aber das Telefon ist so naß, daß es sich nicht mehr bedienen läßt, und ich habe auch nichts mehr, um es zu trocknen. Hatte ich eigentlich erwähnt, daß ich den Regenschutz für meinen Rucksack daheim vergessen habe?

Ach, was soll’s? Es ist nicht wirklich kalt und es scheint kein Gewitter oder Sturm aufzuziehen. Es ist halt nur rekordverdächtig naß. Also weiter!
Etwa bei Kilometer 14 erreiche ich wieder den Wald, und der Regen läßt – zumindest gefühlt – etwas nach.
Der Weg ist nun nicht mehr so komfortabel geschottert, sondern bergauf durchaus schlüpfrig; glücklicherweise solide bewachsen, so dass sich der Schlamm in Grenzen hält. Naß sind die Füße eh’ schon, aber eben noch nicht dreckig! Das werden sie auch nicht.

Der Regen läßt langsam nach und ich erreiche nach ein Mal hoch und wieder runter Hirzenhain. Die Hose hört langsam wieder auf, komplett am Körper zu kleben. Und ich kann wieder navigieren. So entscheide ich im Ort, nicht dem ausgeschilderten Weg nach Steinberg zu folgen, sondern eine etwas direktere Route am Rande eines Fabrikgeländes entlang. Nach ziemlich genau 20 Kilometern erreiche ich Steinberg und versuche, herauszufinden wo die für die Nacht gebuchte Bleibe ist. Kein Netz, also keine Suche nach Adressen. Manchmal hat die digitale Navigation ganz klar Nachteile. Man sagt, Männer könnten nicht nach dem Weg fragen, und das ist hier im Ort nach dem heftigen Regen durchaus wahr: Keiner auf der Straße, wen soll ich denn Fragen?
Ich folge der mutmaßlichen Hauptstraße mutmaßlich in Richtung Ortsmitte, irgendwo wird es schon ein Schild oder einen Menschen geben, der Auskunft erteilen kann. Gibt es nicht, ich folge den Wegweisen zu einem Gasthof, der heute frische Brathähnchen verspricht. Und erreiche ihn einen halben Kilometer später. Die Brathähnchen scheinen gut zu sein, hier gibt es reichlich Leute, die ich nach dem Weg fragen kann. Und die schicken mich wieder zurück an die andere Seite des Ortes. Kurz überlege ich , ob ich vielleicht vorher hier eines von den Hähnchen…nein, erst Mal das Bett finden! Nicht ganz einen Kilometer später bin ich im Trockenen, aber eben noch nicht trocken.

Ich erfahre, daß der Hähnchenbräter der letzte im Dorf verbliebene Gasthof ist und mache mich naß, wie ich bin, wieder auf den Weg, vor dem inneren Auge ein knackiges, frisches Brathähnchen.
Dabei bleibt es auch, denn die Hähnchen sind alle als ich wieder da bin.
Aber die “gut bürgerliche Küche” läßt mich nicht im Stich, und ich vergesse, wie klamm ich noch bin.

Zurück im Zimmer breite ich meine Kleider maximal aus – denn Wechselkleidung gibt es ja nicht – und haue mich erschöpft und satt in die Falle. Das innere des Rucksacks, insbesondere meine Schlafkleidung, ist überraschend trocken geblieben.

Und wieder mal wird es schnell Nacht um mich herum…

Fazit des Tages:
Es ist anstrengend, gegen die Uhr zu laufen. Schnell 20km nach der Arbeit sind vor allem eines: Doch immerhin 20 Kilometer bergauf und bergab! Ohne kompletten Wetterchutz unterwegs zu sein, führt auch im Sommer überraschend schnell in den Grenzbereich, und Laufschuhe sind eben Laufschuhe. Mit Gepäck sieht die Sache ganz anders aus!
Dennoch eine sehr interessante Erfahrung und auf jeden Fall besser als den Arbeitstag bis zur letzten Minute ausgekostet und danach zum Wochenendeinkauf gegangen!


 

 

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