67. Tag: Arhansus – Saint-Jean-Pied-de-Port

Donnerstag, 10. Oktober 2019
Strecke: 29,5km – Etappe: 290,6km – Gesamt: 1.947,1km
Gehzeit: 9:00 brutto / 6:30 netto.

Nach dem reichlichen Mahl des Vorabends haben wir natürlich geschlafen wie die Murmeltiere in Gänsedaunen. Und auch das Frühstück drängt nicht direkt zum Aufbruch, zumal wir zuschauen können, wie die Sonne den Nebel schmilzt. Wettervorhersage und Bein sind gut, also haben wir uns heute wieder etwas mehr vorgenommen.

Gegen Neun stehen wir vor der Tür, gerade rechtzeitig, um auf den ersten Metern zuzuschauen, wie die Sonne über den Berg kommt und die Schatten der Nacht vertreibt. Auch mal schön!

Wir sind ja normalerweise nicht so die frühen Vögel, so ist dieser geologisch begünstigte Sonnenaufgang für uns eine außergewöhnlich Erfahrung!
Die Navigation zurück auf den ausgeschilderten Weg ist nicht schwierig, verlangt aber die ersten hundert Höhenmeter.
Unterwegs eine Kleinigkeit einzukaufen, wäre ein echter Luxus. Aber Ostabat macht uns diesbeszüglich trotz eines kleinen Suchkreises durch alle beiden Straßen des Ortes keine Hoffnungen.

Es geht immer ein wenig auf und ab durch die sonnigen Felder, zwischen denen die Pyrenäen immer mal wieder an Größe gewinnen, aber doch aufgrund der vielen Hügel des Vorlandes nicht so oft zu sehen sind. Die Architektur wird merklich alpiner, und auch die Nutztiere. Es wird wunderbar sonnig und warm, und so eckeln wir uns – in Summe doch mit recht wenigen Höhenmetern – gemütlich durch die Weiden, teilweise sogar auf einer völlig unbefahrenen Straße.

Der Weg hat heute eine klare Tendenz in der Richtung, nicht das Hin und Her der letzten Tage. Heute geht es recht enschlossen nach Südwesten.
Die Gegend ist grün und kurzweilig, wenngleich es häufig wenig Aussicht gibt, weil der Weg mit schattenspendenden Sträuchern und Bäumen gesäumt ist.

Ganz ehrlich, ohne größere Höhe- oder Tiefpunkte erreichen wir mit steigender Spannung das legendäre Saint-Jean-Pied-de-Port. Oder vielleicht merken wir es auch nicht, denn hier und heute – das wird uns auf den letzten Kilometern zunehmend klar – endet wahrscheinlich ein Wegabschnitt, und wir müssen damit rechnen, dass ab morgen alles ganz anders sein wird.
Endgültig klar wird uns das, als wir aus der Ruhe des Weges durch die Pilgerpforte auf die traditionelle Hauptstraße von Saint-Jean treten. Mein Gott, dass ist ja fast wie in der Heidelberger Altstadt!
Wir sind dem Trubel mental nicht gewachsen, sondern durchqueren die Stadt nachdem wir uns im Pilgerbüro – mit Anstehen! – einen Stempel geholt haben, denn unsere Unterkunft ist etwas außerhalb.

Nach dem Tor, durch das die Pilger üblicherweise die Stadt verlassen, stellt sich für uns die Frage nach der eigentlich beliebteren Route links vor der Brück am Fluß entlang nicht. Denn unsere Unterkunft liegt an der Straße, ein merkliches Stück bergauf.
Leider gibt es da außer der Unterkunft nichts, so dass wir zum Essen wieder in die Stadt gehen. Dort schlagen wir uns ordentlich den Ranzen voll, nachdem wir in dem ganzen Trubel ein ordentliches Restaurant gefunden haben, in dem es nicht nur um “billig” und “schnell” geht. Nach dem Essen streifen wir noch ein wenig durch die – jetzt völlig menschenleeren –  Gassen, bis wir uns bewußt werden, dass wir ja noch ein Stück Berg hoch müssen.

Natürlich wird es nach dem Anstieg in der Stille außerhalb des Ortes wieder sehr schnell dunkel…
Obwohl, ganz ehrlich, wir sind schon aufgeregt. Denn über die Etappe in die Pyrenäen haben wir vorher doch einiges gelesen.

Fazit des Tages:
Landschaftlich schön, geht es sehr zielstrebig auf Saint-Jean-Pied-de-Port zu. Die lebhafte Stadt saugt uns ein, und wir verabschieden uns im Geiste von der extremen Ruhe des französischen Jakobsweges. Oh mein Gott! Morgen Nachmittag muß ich mein rudimetäres Spanisch hervorkramen!

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